Berichte

Frauen geben beim Massentest ihre DNA-Probe ab



5000 Bad Vilbelerin Im Fall „Magdalene“  für die Polizei von Interesse – Medienrummel am ersten Tag
Von Ingrid Zöllner


Bad Vilbel. Susanne Förster (39), Theresa Werner (21),  Kerstin Ike (27) und Sarah Schwarzkopf (26) sind die ersten jungen Frauen im Feuerwehrstützpunkt, die sich freiwillig für den Massengentest zur Verfügung stellen.  Das Polizeipräsidium Mittelhessen hatte rund 1500 Bad Vilbelerinnen angeschrieben und zum Test eingeladen. Mit den DNA-Proben erhofft sie sich Hinweise im Fall „Magdalene“.



Am 27. Mai dieses Jahres hatte ein Fahrradfahrer am Niddaufer in der Brunnenstadt  einen toten Säugling gefunden. „Es hatte nach der Geburt noch gelebt und wurde dann erstickt“, sagt Jörg Reinemer, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Mittelhessen. Ob die Mutter letztendlich wirklich die Täterin ist, steht aber bislang noch nicht fest. „Klar ist nur, dass von ihr DNA-Spuren gefunden wurden“, hält er fest. Anhand des Massengentest wollen die Ermittler die Spuren abgleichen. 5000 Frauen im Alter von 13 bis 45 Jahren fallen dabei zunächst ins Raster der Polizei.

Das Medieninteresse ist groß; Fernstehteams, Fotografen und Journalisten wollen sehen, wie die ersten vier Freiwilligen ihre Speichelprobe abgeben. Die erste Testperson an diesem Tag ist Förster. Sie ist die Leiterin der Friedhofsverwaltung und hat den Fall von Anfang an begleitet. „Ich habe dem toten Baby den Namen Magdalene gegeben und sie beerdigt“, berichtet die 39-Jährige. „Ich bin selbst Mutter. Für mich ist es grauenvoll zu sehen und nicht nachvollziehbar, was hier passiert ist“, sagt sie. Für Förster versteht es sich von selbst, dass sie sofort eine DNA-Probe abgibt. Sie hofft, dass so der Druck auf die Mutter wächst und der Fall geklärt werden kann.  Förster wird sich weiterhin mit dem Fall befassen. „Ich schaue regelmäßig nach dem Grab, das inzwischen traurigerweise zu einem der schönsten auf dem Friedhof zählt.“

„Ich bin schon nervös, wenn ich die ganzen Kameras sehe“, gesteht Werner. Dass sie eine DNA-Probe abgibt, ist für sie selbstverständlich. „Ich habe nichts zu verbergen und ich will mit gutem Beispiel vorangehen“, erklärt die Verwaltungsfachangestellte. Sie hat sich vorher informiert, was auf sie zukommt. „Ich wollte schon wissen, was mit meiner Probe passiert. Mir wurde versichert, dass sie bei einem negativen Abgleich sofort vernichtet wird. Und danach war für mich klar, dass ich daran teilnehmen werde.“

Zunächst hakt Polizeihauptkommissar Klaus Reuter ihren Namen auf der Liste ab. Dann geleitet er sie an einen der vier Tische. Im Hintergrund stehen vier Aktenschränke, auf denen Buchstaben kleben. Je nach Nachname müssen sich die Frauen an einen der Tische anstellen. Dann werden ihre Personalien aufgenommen. Werner muss ihren Personalausweis vorzeigen und eine Einverständniserklärung unterzeichnen. Hinter den Aktenschränken setzt sie sich auf einen Stuhl. Natja McPherson vom Erkennungsdienst in Friedberg entnimmt aus einem sterilen Röhren ein Wattestäbchen und streicht damit mehrmals über die Mundschleimhäute der 21-Jährigen. Das Wattestäbchen steckt sie sofort wieder ins Röhrchen und verschließt es. Klaus Reuter assistiert seiner Kollegin und klebt eine Nummer darauf. „Mit diesem Schritt wird die Probe anonymisiert“, erklärt er. Die Proben werden in einer großen Blechbox gesammelt und am Abend mit nach Friedberg genommen. Wenn die Polizei alle Proben hat, fährt sie sie zu einem Institut in Münster (Nordrhein-Westfalen). „Die haben dort die DNA-Probe der Mutter und sind für solche Massentestungen ausgerüstet“, sagt Reuter.

Werner ist erleichtert, dass sie den Test hinter sich hat. „Die Probe abzugeben ist zwar nicht schlimm, aber nervös ist man doch.“ Ähnlich geht es Schwarzkopf. Die Erzieherin glaubt nicht daran, dass die gesuchte Mutter herkommen wird: „Ich vermute, die Polizei schaut, wer eben nicht gekommen ist und ermittelt dann entsprechend.“ Ihr ist der Medienrummel unangenehm: „Aber es ist eine wichtige Sache und so kann ich helfen, das Gebiet um die Verdächtige einzugrenzen.“ Ihre Kollegin Ike  ist froh, die Probe abgegeben zu haben: „Kindern etwas anzutun oder sie zu töten ist einfach unglaublich. Daher wollte ich die Probe abgeben, als ich davon hörte.“ Polizeipressesprecher Reinemer vermutet, dass das Medieninteresse so groß ist, weil es ungewöhnlich ist, dass Frauen zum DNA-Test geladen werden: „Es ist schon so, dass bundesweit mehr Männer zu solchen Tests müssen.“  Wer weitere Informationen zu dem Massentest möchte, kann sich im Internet unter www.magdalene-bad-vilbel.de  informieren. Die Polizei hat zudem ein Infotelefon (06031/791625) eingerichtet.

Erschienen in der Wetterauer Zeitung am 13.11.2010