Berichte

Ein Herz für Hafenkatzen



Bei der Lloyd Werft tummeln sich viele scheue Katzen – mitgebracht aus fernen Ländern oder schlichtweg ausgesetzt von ihren ehemaligen Besitzern. Der Tierschutz Langen kümmert sich um die wilden Samtpfoten, damit sich diese nicht unkontrolliert vermehren können. Von Ingrid Zöllner



Zwischen dem Bretterzaun blitzen zwei hellgelbe Augen hindurch. Sie beobachten genau jeden Handgriff, den Anne-Doris Meyer vom Tierschutz Langen macht. Die 57-Jährige schüttet aus einer Papp-Packung Trockenfutter in eine Plastikschüssel. Das Nassfutter hat sie schon vorbereitet und stellt es zusammen mit einer Schüssel Wasser in die Futterbox. Die ersten fünf Katzen umschleichen den Platz, bleiben aber auf Distanz. Kaum entfernt sich Meyer vom Holzverschlag, stürzen sie sich auf die Nahrung.

Zusammen mit vier weiteren Helfern versorgt Meyer die wild streunenden Katzen an der Lloyd Werft. „Mit gezieltem Füttern bekommen wir Kontrolle über die Tiere und können sie dann in regelmäßigen Abständen einfangen und kastrieren lassen“, erklärt sie. Würde sich keiner um die Samtpfoten kümmern, würde der Bestand explodieren. „Katzen hat es im Hafen schon immer gegeben. Die gehören dazu wie die Ratten zum Schiff“, sagt Meyer.

Als sie mit ihrem Nissan Micra auf das Lloyd-Gelände fährt, wird sie vom Pförtner lächelnd durchgewinkt. „Die stellen uns immer mal eine Futtertüte für die Katzen zusammen.“ Viele bei der Werft seien froh, dass sich jemand um die Tiere kümmere. Über 80 Katzen hat der Tierschutzverein gefangen und kastriert. Beim Futter ist der Verein auf Spenden angewiesen. In einem Lagerraum, den die Werft zur Verfügung gestellt hat, sucht die 57-Jährige die Rationen zusammen. Drei bis vier Packungen mit Trocken- und 12 Dosen mit Feuchtfutter kommen am Tag zusammen.

An der ersten Station wartet ein blassorange-getigerter Kater versteckt im Gebüsch. An einem Ohr fehlt eine Ecke. „Das ist unser Merkmal, dass das Tier von uns bereits kastriert wurde“, erklärt Meyer und stellt das Futter in die Box. Das Wasser erneuert sie gleich mit. „Wenn es so warm ist, gibt es hier kaum Pfützen, aus denen die Katzen trinken könnten.“ Anlocken lässt sich der Kater nicht. „Man merkt, dass es wilde Katzen sind“, meint sie.

Mit dem Auto geht es zur zweiten Station. Von den dreien ist es die größte. Der Nissan wird schon erwartet. Ein schwarz-geschecktes Tier liegt wie ein Wächter auf dem Weg. Als sich das Auto nähert, erhebt er sich und läuft ins schützende Gebüsch. Den Korb – bis oben gefüllt mit Futter – in der Ellenbeuge geht Meyer zu den Holzhäuschen mit Teerpappe. „Die hat mein Schwager gebaut“, erzählt sie stolz.

Ringsum kommen immer mehr Katzenköpfe zum Vorschein. Einige winden sich elegant durch den Bretterzaun. Ein paar sitzen bereits in der Nähe der beiden Häuschen. Sobald Meyer jedoch die Dächer anhebt, verschwinden die Samtpfoten kurz, einige kommen interessiert aber direkt wieder. Sie wissen genau, dass Meyer etwas Gutes für sie im Korb hat.

Sobald die ersten Schalen stehen, gibt es Rangelei unter den Katzen. Während eine graue kleine mit weißem Brustfleck schon hingebungsvoll das Futter wegschlabbert, traut sich eine andere mit braun-schwarzen Tupfen nicht in die Box und kassiert direkt von einer getigerten Katze einen Tatzenhieb auf den Kopf, damit sie Platz macht.

Kontrolle der Schlafplätze

Während sich die Tiere über das Futter hermachen, kontrolliert die Imsumerin die Schlafstellen, die direkt dahinter liegen. Um dort hinzugelangen, muss sie einmal ums Gebäude laufen. „Dort habe ich Anfang März die ersten Jungtiere entdeckt“, erzählt sie. Kaum vier Tage waren die Kleinen alt, deren Augen zu dem Zeitpunkt geschlossen waren. Sie nahm die Drei mit nach Hause.

Meyer versorgt auch noch die dritte Stelle, bevor sie zurück nach Imsum zu den Katzenjungen fährt. Dort haben sich Willi, Leopold und Lisa gut entwickelt. Die Drei erkunden ihre Umwelt, auch wenn ihnen zwischendurch vor Müdigkeit die Augen zufallen. Willi, der von den dreien am meisten verschmust ist, schläft fast auf dem Schoß von Meyer ein. „Das ist das Schöne an der Arbeit beim Tierschutz“, sagt die 57-Jährige leise und streichelt dem Kater über den Kopf. Der schließt genießerisch die Augen und schnurrt.

www.tierschutz-stadt-langen.de

Erschienen in der Nordsee-Zeitung am 13.05.10